Änderungen im BGBIm letzten Beitrag haben wir uns mit den Verjährungsvorschriften der Rückgriffsansprüche beschäftigt.Im vorliegenden Beitrag wollen wir uns § 474 und § 475 ansehen.
474 wurde vereinfacht. Er enthält nunmehr nur noch 2 Absätze. Dabei enthält Abs. 1 die Definition des Verbrauchsgüterkaufs und Abs. 2 die Klarstellung, dass die nachfolgenden Vorschriften beim Vorliegen eines Kaufvertrags im Sinne von Abs. 1 gelten. Die weiteren Absätze (Abs. 3 bis Abs. 5) wurden gestrichen und in § 475 eingebettet.
474 lautet nun wie folgt:
474 Verbrauchsgüterkauf
(1) Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft. Um einen Verbrauchsgüterkauf handelt es sich auch bei einem Vertrag, den neben dem Verkauf einer beweglichen Sache die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand hat.
(2) Für den Verbrauchsgüterkauf geltend ergänzend die folgenden Vorschriften dieses Untertitels. Dies gilt nicht für gebrauchte Sachen, die in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft werden, an der der Verbraucher persönlich teilnehmen kann.
Hinweis
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Die Legaldefinition einer öffentlich zugänglichen Versteigerung (unterscheidet diese Begrifflichkeit von der öffentlichen Versteigerung) findest Du in § 312g Nummer 10.
475 ist erweitert worden. Hier werden überwiegend die auf den Verbrauchsgüterkauf anwendbaren Vorschriften geregelt.
475 lautet nun wie folgt:
475 anwendbare Vorschriften
(1) Ist eine Zeit für die nach § 433 zu erbringenden Leistungen weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger diese Leistung abweichend von § 271 Abs. 1 nur unverzüglich verlangen. Der Unternehmer muss die Sache in diesem Fall spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss übergeben. Die Vertragsparteien können die Leistung sofort bewirken.
(2) § 447 Abs. 1 gilt mit der Maßgabe, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung nur dann auf den Käufer übergeht, wenn der Käufer den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt mit der Ausführung beauftragt hat und der Unternehmer den Käufer diese Person oder Anstalt nicht zuvor benannt hat.
(3) § 439 Abs. 5 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind. Die § § 445 und 447 Abs. 2 sind nicht anzuwenden.
(4) Ist eine Art der Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 ausgeschlossen oder kann der Unternehmer diese nach § 275 Abs. 2 oder 3 oder § 439 Abs. 4 Satz 1 verweigern, kann er die andere Art der Nacherfüllung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten nach § 439 Abs. 4 Satz 1 verweigern. Ist die andere Art der Nacherfüllung wegen der Höhe der Aufwendungen nach § 439 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 1 unverhältnismäßig, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen angemessenen Betrag beschränken. Bei der Bemessung dieses Betrags sind insbesondere der Wert der Sache im mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen.
(5) § 440 Satz 1 ist auch in den Fällen anzuwenden, in denen der Verkäufer die Nacherfüllung gemäß Abs. 4 Satz 2 beschränkt.
(6) Der Verbraucher kann von dem Unternehmer für Aufwendungen, die ihm im Rahmen der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 2 und 3 entstehen und die vom Unternehmer zu tragen sind, Vorschuss verlangen.
475 Abs. 1 entspricht dem bisherigen § 474 Abs. 3.
475 Abs. 2 entspricht dem bisherigen § 474 Abs. 4.
475 Abs. 3 entspricht dem Grunde nach dem bisherigen § 474 Abs. 5.
475 Abs. 4 Satz 1 stellt eine spezielle Regelung gegenüber § 439 Abs. 4 dar. Ist nur eine Art der Nacherfüllung möglich oder sind beide Alternativen zwar dem Grunde nach möglich, jedoch für sich genommen jeweils unverhältnismäßig, so liegt absolute Unverhältnismäßigkeit vor. Die Vorschrift stellt klar, dass der Verkäufer in einem solchen Fall die Leistung nicht wegen Unverhältnismäßigkeit nach § 439 Abs. 4 Satz 1 verweigern kann.
475 Abs. 4 Satz 2 gewährt für solche Fälle eine Einrede. In Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH wird hier die Möglichkeit des Verkäufers eröffnet, auch im Fall der absoluten Unverhältnismäßigkeit eine Einrede dahingehend zu erheben, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Aufwendungen (typischerweise Einbaukosten und Ausbaukosten) auf einen angemessenen Betrag beschränkt wird. Demnach ergibt sich aus § 475 Abs. 4 Satz 2 ein beschränktes Leistungsverweigerungsrecht.
Hinweis
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Der Verbraucher hat unabhängig von dem soeben besprochenen beschränkten Leistungsverweigerungsrecht einen unbeschränkten Anspruch auf Nacherfüllung bezüglich der mangelhaften Kaufsache an sich.
475 Abs. 4 Satz 3 stellt klar wie der angemessene Betrag im Sinne von Satz 2 zu berechnen ist.
Hier ist insbesondere auf den Wert der Kaufsache im mangelfreien Zustand und die Bedeutung des Mangels abzustellen.
Hinweis
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Beschränke die Ausführungen in der Klausur nicht nur auf den Kaufpreis!
Die Frage wann Unverhältnismäßigkeit anzunehmen ist hat der Gesetzgeber jedoch nicht geregelt. In der Literatur werden verschiedene Ansätze vertreten. Die Kosten der Nacherfüllung dürfen demnach 100-150 % des Wertes der Kaufsache in mangelfreiem Zustand grundsätzlich nicht übersteigen. Bei der Wahl der Grenze ist zu beachten, ob die Mangelhaftigkeit vom Verkäufer zu vertreten ist.
475 Abs. 5 stellt klar, dass eine Fristsetzung bei Berufung auf Abs. 4 Satz 2 (sozum Beispiel bei Rücktritt und Minderung) nicht nötig ist.
Hinweis
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In der Regel wird wohl schon § 440 Satz 1 Alt. 3 einschlägig sein.
475 Abs. 6 regelt einen Vorschussanspruch des Verbrauchers. Hierbei geht es um Aufwendungen nach § 439 Abs. 2 und Abs. 3. Nach dieser Vorschrift soll der Käufer davor geschützt werden in Vorleistung treten zu müssen.
Hinweis
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Fraglich ist, ob der Gesetzgeber an dieser Stelle zum Ausdruck bringen wollte, dass der Kostenvorschuss nur auf den Verbrauchsgüterkauf zu beschränken sei. Die Rechtsprechung gewährte bisher einen Kostenvorschuss bereits aufgrund allgemeiner Erwägungen.
Im nächsten Beitrag werden wir uns mit den weiteren Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs beschäftigen.